„Das späte Geständnis des Tristan Sadler“ – John Boyne

Originaltitel: The Absolutist | Autor: John Boyne | Übersetzung: Werner Löcher-Lawrence | 336 Seiten | Taschenbuch 9,99 € | eBook 9,99 € | ISBN: 978-3-492-30255-5 | Piper Verlag


London, September 1919: Der junge Tristan Sadler steigt in einen Zug. Er fährt nach Norwich, um sich dort mit Marian Bancroft, der Schwester seines toten Kameraden Will, zu treffen, mit dem er Seite an Seite im Ersten Weltkrieg gekämpft hat. Als Gepäck trägt Tristan ein Bündel Briefe mit sich und seine Erinnerung.

Das-späte-Geständnis-des-Tristan-Sadler-John-Boyne-Piper-CoverIn Norwich trifft sich Tristan mit Marian in einem Café. Er erzählt ihr von seiner ersten Begegnung mit Will im Ausbildungslager Aldershot; von der Schiffspassage nach Nordfrankreich, vom Leben und Sterben im Grabenkampf, aber auch von der Freundschaft und dem Vertrauen, das sich die beiden jungen Männer schenken. Und er legt Zeugnis darüber ab, wie Will sein Leben einsetzt, um sich unter unmenschlichen Bedingungen einen Rest von Menschlichkeit zu bewahren. Tristans erschütternder Bericht ist ebenso schonungslos wie ungeheuerlich, und doch bleibt er Marian die schrecklichste Wahrheit schuldig … vorerst.

Ich hatte bisher wenig Interesse an Büchern wo es um das Geschehen des 1. Weltkrieges geht bzw. allgemein an Kriegsbüchern. Als ich jedoch, ohne genau zu wissen was ich bei vorablesen.de vor mir habe, die Leseprobe begonnen hatte, war mein Interesse geweckt.

Der junge Tristan fährt mit dem Zug nach Norwich. Es ist 1919, die Zeit nach dem Krieg. Von Anfang an wird einem bewusst, dass er ein sehr in sich gekehrter Mensch ist. Die Auswirkungen des Krieges machen sich körperlich und seelisch breit. Das Unwohlsein von Tristan in seiner eigenen Haut wird nie genau erwähnt, jedoch wird es dem Leser beim weiteren Fortschreiten in der Geschichte immer mehr bewusst, dass er sich für etwas selber sehr sehr verachten muss.
Mir persönlich war er das ganze Buch über recht sympathisch. Ein junger Mann der teilweise verzweifelt seinen Weg sucht. Der ruhige, jedoch höfliche Charakter wird sehr gut beschrieben und sehr geeignet in die schlimme Geschichte eingebaut. Die Handlungen und Gedankengänge werden gut beschrieben, weshalb man sich Tristan und seine Wandlung über den Krieg hinaus schmerzlichst vorstellen kann.

Ich muss an diesem Punkt hier leider spoilern, da der kommende Grund ausschlaggebend dafür ist, warum dieses Buch nicht nur irgendein Kriegsbuch ist: Tristan ist homosexuell. Und DAS ist zu damaliger Zeit einfach ein unmissverständliches „No-Go“ der Gesellschaft, vorallem unter Soldaten versteht sich. Dieser Grund bringt den Stein erst ins Rollen…. dieser Grund bringt Tristan dazu, in den Krieg zu ziehen und dieser Grund ist ausschlaggebend dafür, dass sich Tristan mit Marian, der Schwester seines verstorbenen Kameraden Will trifft.
Marian war mir zeitweise etwas unsympathisch bzw. fast schon „zickig“ vorgekommen, was man sehr dem Verlust ihres Bruders und ihrer derzeitigen Lage in der Gesellschaft zuschreiben konnte.

Der zeitliche Wechsel zwischen Kriegsgeschehen und Gegenwart in jedem Kapitel regt sehr zum Weiterlesen an, da bei jedem Kapitelende ein kleiner „Cliffhanger“ dafür sorgt, dass man erst nach dem nächsten wieder in dieser Zeitspanne landet. Und das obwohl es doch gerade sooo interessant war. Das ist wie bei einem Film, wenn plötzlich an einer spannenden Stelle die Werbung kommt.
John Boyne beschreibt recht gründlich die Handlungen der einzelnen Charaktere, was einem das Lesen der Geschichte nicht langweilig werden lässt, sondern eher veranschaulicht. Die Personen werden einem dadurch nur deutlicher und man kann sich zeitweise sogar sehr gut in ihre Lage versetzen.
Klasse fand ich, dass DIESES EINE GEHEIMNIS durch die ganze Geschichte bis zum großen Finale durchgefädelt wurde. Ständig hatte man im Hinterkopf, was Tristan so sehr bedrückt. In seiner Art zu Reden und zu Denken…

Ich hab die schlimmen Kriegsbeschreibungen sehr genau gelesen, damit ich mir ein so gut wie mögliches Bild von dem machen konnte wie es zur damaligen Zeit wohl war. Der Standpunkt der einzelnen Soldaten zum Krieg, der Seargant der ein Drillmaster ist wie es „im Buche steht“ und vorallem die körperliche und seelische Zerstörung der Männer ist eine schockierende, jedoch sehr realistisch beschriebene Thematik!

Es ist kein schönes Buch. Und das meine ich nicht negativ! Es ist ein trauriges Buch welches zeigt, was der Krieg aus Menschen und der Gesellschaft macht. Zu welchen Taten Emotionen führen können und wie nah sich Liebe und Hass sind. Erschütternd, schockierend und traurig!

Meine Wertung
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Als das Buch gelesen und rezensiert wurde, handelte es sich um die heute vergriffene Hardcover-Ausgabe aus dem Arche Verlag.


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Dein Kommentar:

1 Kommentar

  • Antworten Binzi Mittwoch, 25. April 2012 um 7:13

    Wirklich eine tolle Rezi (wie immer ;D), Schwester ;*

    Hab dich lieb & Vermiss dich <3