Interview: „Die Entdeckung des Glücks“ mit Isabell Prophet

Die Rezension zu „Die Entdeckung des Glücks“ fand großes Interesse. Ein paar Kommentare von Lesern erreichten mich, wie spannend und notwendig sie das Thema über Glück im Job fänden. Ich freue mich daher sehr, dass Autorin und Kolumnistin Isabell Prophet mir ihre Zeit für ein ausführliches Interview schenkte. Heraus kamen faszinierende Antworten, die geradezu Lust darauf machen sein Glück in die eigene Hand zu nehmen – vor allem im Beruf! Servus und willkommen, Isabell Prophet:

Isabell Prophet Interview Portrait1.

Dein Buch „Die Entdeckung des Glücks“ hat mich auf Anhieb interessiert. Was und wen hast Du in erster Linie generell gehofft, mit Deinem Werk zu erreichen?

„Die Entdeckung des Glücks“ ist für Menschen, die Zeit verschwenden. Ich bin ein großer Fan der Zeitverschwendung, aber in diesem Fall meine ich das gar nicht so positiv. Das Buch ist für Menschen, die glücklich sein könnten, aber an der falschen Stelle nach ihrem Glück suchen. 

Fast alle Menschen machen den gleichen Denkfehler: Wir machen Lebensumstände für unser Glück verantwortlich. Ich habe meinen Arbeitsweg verflucht, wollte bessere Büros, fähigere Chefs und natürlich mehr Geld. Und keine Frage, in diesen Bereichen kann viel persönliches Unglück stecken. Sie sind Stressquellen, der Arbeitsweg, der Arbeitsplatz, der Chef und die Bezahlung, wenn sie nicht fair ist.

Trotzdem sind wir selbst für unser Glück verantwortlich. Dieser Punkt ist wichtig. Wir müssen selbst etwas tun. An das bessere Büro werden wir uns gewöhnen, an die Gehaltserhöhung erst recht. Doch dann sind wir noch immer die Gleichen. Viel mehr nützt es uns, wenn wir mehr in soziale Beziehungen investieren, uns fit halten und lernen, wie wir das Glück, das wir schon haben, wahrnehmen. Das Buch ist also für Menschen, die Wert auf ein gutes Leben legen. Und die Lust haben, zu erfahren, was die Forschung dazu sagt.

2.

Wie kam es zu dem Buch?

Ich hatte mich journalistisch schon länger mit dem Thema befasst, einige Wissenschaftler kennengelernt und angefangen, mein eigenes Verhalten zu ändern. Und dann dachte ich mir: Wow, das müsste man mal aufschreiben. Zu diesem Zeitpunkt habe ich mich wahnsinnig aufgerieben und selten mal ein Danke gehört. 

Und ich dachte mir: Glück, das ist etwas, das wir nach Feierabend suchen, aber tagsüber schon verloren haben. Wir brauchen keine Work-Life-Balance. Wir brauchen glücklichere Arbeitsstunden. Dann habe ich angefangen, dazu zu recherchieren. Was ich dabei lernte, wollte ich unbedingt weitererzählen.

3.

Weshalb wurde es kein Web-Blog?

Vorsicht, Liebeserklärung: Ich mag Bücher. Und ich stelle mir wahnsinnig gern vor, wie Menschen es sich an einem Samstag mit meinem Buch gemütlich machen und hineinsinken. Ich hoffe jedenfalls, dass das passiert! Es ist ein Wochenendbuch: An jedem Sonnabend gibt es diesen Moment, an dem wir einfach mit allem fertig sind. Der Kühlschrank ist voll, die Mülleimer sind leer, die letzten Freitags-Mails habe ich sachgerecht entsorgt. Ich sinke dann aufs Sofa und lese. 

Klar lese ich auch wahnsinnig gern auf dem Tablet ein paar gute Blogs oder spannende Artikel. Aber das passiert auch unter der Woche. Und es ist ein anderes Leseverhalten: Dann teile ich die Blog-Texte mit meinen Freunden und wir diskutieren sie. Das passiert alles am Display, es ist sehr kommunikativ. Am Wochenende tauche ich in ein Buch ein und komme nicht wieder raus, bevor ich nicht muss. Bestenfalls verschicke ich ein paar Absätze als Foto und am Ende jedes Kapitels ein „Das musst du unbedingt auch lesen!“. 

Doch die Hingabe, mit der wir uns einem Buch widmen, ist eine andere, als bei Artikeln. Wir fassen es an, wir denken darüber nach und kehren nach ein paar Tagen zu ihm zurück. Deshalb bleibt das Erzählte besser hängen. Für die wirklich wichtigen Themen würde ich immer wieder diese Form wählen.

Die Entdeckung des Glücks Buch Cover Isabell Prophet Randomhouse

4.

Als freie Journalistin hättest Du das Thema prima für eine Kolumne aufgreifen können?

Gibt’s jetzt, mache ich jetzt! Ganz neu: Ich schreibe seit Jahresbeginn eine Kolumne beim Tech-Magazin t3n.de. Ich kriege immer wieder Mails an meine Buchadresse mit Fragen von Lesern und in der Kolumne beantworte ich sie. Ganz anonym natürlich. Vieles davon geht schon längst über das Buch hinaus. Und ich lerne jeden Tag, was für ein Absurditätenkabinett deutsche Unternehmen sind, egal ob klein oder groß. Kann man sich gar nicht ausdenken, was Chefs und Personaler alles falsch machen – obwohl doch so viel Wissen in der Welt ist, wie es besser gehen würde. 

Stichwort Eigenverantwortung: Total unterschätzt! Viele könnten sich ihr Lamento sparen, wenn sie ihr Team nur mal in Ruhe arbeiten lassen würden. Das ist die Klage, die ich am häufigsten höre: Menschen fühlen sich kontrolliert. Das macht sie unglücklich

Wir haben einen Bedarf an Glück. Und der Job als Ort für Glück wird unterschätzt – dabei verbringen wir dort die meiste Zeit unseres Erwachsenenlebens.

Wer mag: glueck@isabellprophet.net

Zur Kolumne von Isabell Prophet beim Tech-Magazin t3n.de

5.

Du stützt Dich in „Die Entdeckung des Glücks“ auf Forschungsergebnisse und neurowissenschaftliche Erkenntnisse. Gab es aufgrund der faktischen Darlegung trotzdem kritische Stimmen?

Klar! Gleich bei meiner ersten Lesung wurde ich für den Ansatz scharf angegriffen, Zitat: „Das ist doch viel zu wissenschaftsgläubig!“, in einem sehr herablassenden Tonfall. So muss sich eine Maus fühlen, wenn sie zur vollen Stunde gerade durch eine Kirchenglocke krabbelt. Ich wusste erst gar nicht, wie ich reagieren sollte. Teilweise verstehe ich den Gedanken hinter der Kritik aber. Es gibt Menschen, für die unser Lebensglück etwas ist, das sich der Wissenschaft entzieht. 

Ich habe mich viel mit der Glücksforschung beschäftigt, Wissenschaftler unterschiedlicher Disziplinen gesprochen. Und ich habe großen Respekt vor ihrer Arbeit. Müsste ich ihre Botschaft zusammenfassen, dann so: Glück können wir uns selbst machen. Das ist eine gute Nachricht, diese Erkenntnis gibt uns Macht über unser Leben. 

Klar funktioniert das Lebensglück für jeden ein bisschen anders. In Experimenten haben die Wissenschaftler aber herausgefunden, was für viele Menschen funktioniert und was für viele Menschen nicht funktioniert. Ihre Arbeit ist überprüfbar. In diesem Sinne bin ich nicht wissenschafts“gläubig“. Sondern ich kann sagen: Da ist viel dran. Damit können wir arbeiten.

6.

Gibt es etwas, was Du gern noch in Dein Buch gepackt hättest? 

Das ist wirklich das Schlimmste an der Wissenschaft: Sie geht ja immer weiter! Ständig lese ich etwas, bei dem ich mir denke: Oh cool, das hättest du auch erzählen können. Und dazu gibt es so viele Geschichten aus dem Leben! Wäre es doch bloß ein paar Monate eher festgestellt worden. Ich hoffe einfach, ich darf irgendwann Band zwei schreiben.

7.

Bist Du glücklich? Auch in Deinem Job? :-) 

Total. Ich habe in den vergangenen Jahren viel gelernt und arbeite heute ganz anders als früher. Ich arbeite konzentrierter und disziplinierter, weil ich gemerkt habe, wie unzufrieden mich ein zerhackter Tag macht. Das spart übrigens jede Menge Zeit: Ich bin schneller geworden, weil ich mich nicht mehr ablenken lasse. Mehr Freizeit macht erst Recht glücklich. 

Ich habe auch gelernt, zu Dingen Nein zu sagen. Früher dachte ich oft, ich müsste Aufträge annehmen, weil die Auftraggeber doch so wahnsinnig nett waren. Meine Vermieterin hat Freundlichkeit als Zahlungsmittel allerdings nicht akzeptiert und Kakao kann ich mir davon auch keinen kaufen. Glück im Job heißt eben auch, sich fair bezahlen zu lassen. Und manches „Angebot“ auch mal abzulehnen. 

Quintessenz? Glücklich werden wir, wenn wir unsere Bedürfnisse ehrlich analysieren. Das dauert. Und das bedeutet auch mal, dass wir einen Trend nicht mitmachen. Ich sterbe den langsamen Zuckertod neben einer Snackbox, kann mich im coolen kreativen Chaos nicht im geringsten konzentrieren und genauso wenig will ich zwischendurch kickern. Ich bin auf eine sehr produktive Art wahnsinnig langweilig! Und ich musste mich einige Jahre lang selbst verarschen, bevor ich das Rüstzeug hatte, mich meinem Glück entsprechend zu verhalten.

Vielen Dank für Deine Zeit! Faszinierendes Thema, ich freue mich auf mehr von Dir, Isabell!

 

Isabell Prophet online:

Blog: blog.isabellprophet.net | Instagram: @isabellprophet | t3n.de: Kolumne

Portrait Isabell Prophet Querformat


Die Entdeckung des Glücks Buch 3D-Format

Zum Buch: „Die Entdeckung des Glücks“
Autorin: Isabell Prophet

„Glücklich sein kann man lernen, weshalb also nicht auch im Beruf? Diesen Titel zu lesen bringt auf unterhaltsame Weise nicht nur belegte Erkenntnisse mit sich, sondern auch Verständnis für eingefahrene Denkmuster, an denen man etwas ändern kann. Ich empfinde „Die Entdeckung des Glücks“ als kleinen Augenöffner für alle, die sich am unsicheren Scheideweg der Arbeitswelt sehen.“ Komplette Rezension lesen.

256 Seiten, Format: Paperback, Preis: 16,00€, Mosaik Verlag


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2 Kommentare

  • Antworten Binzis Bücher Sonntag, 11. Februar 2018 um 15:57

    Total schönes Interview! Danke dafür :)

  • Antworten Jule Donnerstag, 15. Februar 2018 um 12:32

    Liebe Dani,
    danke für dieses Interview. Ich habe dieses Buch selbst gelesen und finde es großartig, weil es Themen anspricht, die man gern aus den Augen verliert. Das Interview bringt das Ganze noch einmal perfekt auf den Punkt und gibt gleichzeitig neue Einblicke.
    Liebe Grüße
    Jule